Beratungsbedarf im Krankenhaus

Nach unseren bisherigen Erfahrungen gibt es Schwerpunkte, die in fast allen Kliniken ein Problem und damit einen Erfolg versprechenden Optimierungsansatz darstellen:

  1. Prozesseffizienz (Abläufe)
  2. Steuerung (Planung und Controlling)
  3. Kommunikation/Führung/Kooperation

1. Prozesseffizienz

Angesichts einer prognostizierten Reduzierung um 15-20% der heutigen Häuser besteht ein wesentlicher Entscheidungsfaktor für das Überleben eines Krankenhauses in der Steigerung der Prozesseffizienz. Ähnlich wie in der Sozialarbeit wird häufig darauf verwiesen, dass es sich mehrheitlich um unvorhersehbare (einmalige, nicht planbare) Vorgänge bei der Arbeit mit Menschen handelt. Dabei wird aber der hohe Anteil routinemäßiger Vorgänge unterschätzt, der sich in klassischer Weise standardisieren lässt.
Beispiele hierfür sind Patientenpfade, Regeln und Standards im OP-Statut, Optimierung der Aufnahmeverfahren (z. B. Differenzierung zwischen Notfall und elektiver Einbestellung) und vielfältige administrative Prozesse wie Arztbriefschreibung, Abrechnungsabläufe etc.
Bei komplexen Prozessen hat sich das Wertstromdesign bewährt, mit dem die „Verschwendungen“ im Prozess und alternative Ansätze relativ schnell sichtbar gemacht werden können.
Hinzu kommt, dass ein weiterer großer Verlustbereich in der Koordination bzw. Zusammenarbeit liegt. Hier spielt zum einen das weiter unten geschilderte Defizit bei den kommunikativen Kompetenzen eine Rolle. Gleichzeitig könnte durch eine bessere abteilungsübergreifende Zusammenarbeit ein großer Teil der Verschwendungen (Wartezeiten, Sucharbeit etc.) verringert werden.
Gute Erfahrungen haben wir mit der Einrichtung von interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppen (Kaizen-Workshop, Qualitätszirkel) gemacht, die nach einer Einführung in die Kaizen-Philosophie alle Themen, Probleme, Klärungsbedarfe im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgabenstellung diskutieren und bearbeiten. Sinnvoll ist dabei ein regelmäßiger (halbtägiger) Arbeitsturnus, wobei der Krankenhausleitung jeweils am Ende einer Sitzung die Ergebnisse präsentiert sowie ihre Unterstützung bzw. Entscheidungen eingeholt werden.

In den meisten Häusern wird es sinnvoll sein, mit einem solchen Vorgehen im Umfeld der OP-nahen Bereiche (Stationen, Chirurgen etc.) zu starten, da die Kosten der OP-Minute häufig an der Spitze der Arbeitskosten liegen.
Im Prinzip lassen sich (fast) alle Maßnahmen der Prozessoptimierung durchführen, die z. B. auch in einem Montage- oder Reparaturwerk mit großer Teilevielfalt einsetzbar sind. Voraussetzung ist eine an die jeweilige Krankenhaussituation angepasste Auswahl der Maßnahmen.

2. Steuerung (Planung und Controlling)

Schwerpunktmäßig findet die Unternehmensplanung und das entsprechende Controlling auf der Ebene von Geschäftsführung oder Verwaltungsleitung statt. Dies wird aber für eine erfolgreiche Steuerung in Zukunft nicht mehr ausreichend sein können.
Daher sollte dieser Prozess in Richtung eines kaskadenförmigen Zielplanungs- und -kontrollsystems weiter entwickelt werden. Dazu wird in der Regel ein Strategie-/Zielplanungsworkshop durchgeführt, in dem die Krankenhausleitung (Geschäftsführung) mit der nächsten Führungsebene (i.d. Regel Chefärzte und Pflegedirektion) konkrete qualitative (Projekte, Patientenzufriedenheit o.ä.) und quantitative Ziele (z. B. Fallzahlen, Case-Mix-Punkte, durchgeführte Mitarbeitergespräche, Reduzierung von Wartezeiten etc.) vereinbart.
Anschließend werden diese Ziele z. B. von den Chefärzten gemeinsam mit ihren Oberärzten auf deren Verantwortungsbereich umgesetzt und vereinbart. Die Oberärzte können dann auf der Grundlage ihrer Zielvereinbarungen mit den Assistenzärzten im Mitarbeitergespräch sowohl die organisationsbezogenen als auch persönliche Ziele vereinbaren.
Wesentliches Element eines solchen Systems ist die regelmäßige Zielkontrolle, die ebenfalls kaskadenförmig stattfinden sollte.
Ein weiterer Schritt besteht in der (öffentlichen) Visualisierung ausgewählter Ziele/Kennzahlen.
Erfahrungsgemäß ist es für alle Führungskräfte hilfreich, die Formulierung und Vereinbarung von Zielen zu trainieren, da sonst überwiegend Vereinbarungen zustande kommen, die nicht quantifizierbar bzw. überprüfbar sind.

3. Kommunikation/Führung/Kooperation

Einmal abgesehen von der Weiterbildung zur Stationsleitung kommt in praktisch allen Ausbildungen der im Krankenhaus vertretenen Berufsgruppen das Thema Kommunikation oder Führung als Pflichtthema nicht vor. Damit wird verständlich, warum – einmal abgesehen von „Naturtalenten“ – Gespräche für Patienten oder Angehörige häufig unbefriedigend bleiben. Neben den bereits erwähnten Stolpersteinen bei ineffizienten Prozessen führen unterentwickelte Kompetenzen im Bereich Kommunikation und Führung immer wieder zu Missverständnissen, Ärger und Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Berufsgruppen.
Da in der Regel nach fachlicher Qualifikation besetzt wird, haben häufig auch Oberärzte und Chefärzte Nachholbedarf im Qualifizierungsbereich Führung, zumal deren Einfluss auf die gesamte Führungskultur nicht zu unterschätzen ist.
Selbst wenn das Instrument der systematischen regelmäßigen Mitarbeitergespräche im Krankenhaus vorhanden ist, wird es in vielen Einrichtungen nicht wirksam, da es entweder zu kompliziert ist (z. B. mehrseitige Beurteilungsbogen) oder die Führungskräfte nicht in der Durchführung von Mitarbeitergesprächen (konstruktives  – auch kritisches –  Feedback) geschult wurden.
Insgesamt kommt im Krankenhaus, mit seiner am Menschen orientierten Arbeit, den Führungskräften eine besondere Verantwortung in ihrer Führungs- und Kommunikations“arbeit“ zu, der auch eine besondere Aufmerksamkeit für ihre Qualifizierung und Unterstützung entsprechen sollte.